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Bustouristik-Blog

Bäcker, Bauer, Busunternehmer

Zu Zeiten der Pandemie hatte man mitunter den Eindruck, Busreiseunternehmen würden in die Kategorie der Vergnügungsbetriebe fallen. Eine Branche, die in erster Linie Menschen auf Urlaub - und im schlimmsten Fall womöglich auch noch Corona-Infizierte zurück mit in die Heimat bringt. Ein leicht entbehrbarer Freizeitdienstleister, der, solange die Pandemie noch ein Thema ist, er selbst keines ist.


Foto: Adobe Stock


Zu spitz formuliert? Vielleicht. Vielleicht aber auch notwendig, um eine Diskussion in Gang zu bringen. Eine Diskussion, die es für andere Branchen schon lange gibt: für die örtlichen Nahversorger oder die Dorfwirtshäuser zum Beispiel. Sie alle werden als örtliche Basisinfrastruktur wahrgenommen, um die es zu kämpfen gilt und die es zu erhalten gilt. Das Verschwinden von örtlichen Busunternehmen geht meist leiser vonstatten. Erst danach wird erkannt, dass sie ebenso zur Basisinfrastruktur des ländlichen Raumes gehören.



Busunternehmen sind Mobilität für die, die nicht mobil sind


Örtliche Busunternehmen sind mehr als “Urlaubs-Chauffeure”. Sie sichern Mobilität im ländlichen Raum - unverzichtbar für jene in unserer Gesellschaft, die sonst nicht mobil wären. Busunternehmen machen die Jüngsten mobil, indem sie sie in die Schule oder zum Jugendfußballturnier bringen. Sie machen alte Menschen mobil, indem sie sie ins Krankenhaus zur regelmäßigen Behandlung oder beim Seniorenausflug ins beliebte Ausflugsgasthaus bringen.



Das örtliche Busunternehmen schafft Kommunikation


Ein Nahversorger aus Vorarlberg erzählt, dass ein älterer Herr dreimal täglich in den Laden einkaufen kommt - nicht weil er so vergesslich ist, sondern weil er sozialen Kontakt sucht. Genauso wie das Gasthaus, das Vereinshaus, so sind auch die örtlichen Busunternehmen “Nahversorger der Kommunikation”. Einzig: sie sind mobil. Die geselligen Stunden beim letzten Vereinsausflug, die aufgeregten Gespräche der Kinder auf der morgendlichen Fahrt in die Schule oder das ersehnte Gespräch der älteren, einsamen Dame mit der Chauffeurin, die sie zur regelmäßigen Dialyse ins Krankenhaus fährt.



Örtliche Busunternehmen bieten individuelle Arbeitsplätze


Es gibt die Großen und die Kleinen. Jene mit dem eigenen Reisebüro und jene, die mit mehreren Fahrzeugen im Linienverkehr tätig sind. Und es gibt die Kleinen, wo das Ehepaar mit zwei Reisebussen und einem Schulbus seinen Traum der Selbständigkeit lebt. Nahezu alle sind örtliche Arbeitgeber. Manche mit Vollzeitstellen in der Reiseplanung oder Dispo, andere für Teilzeit im Schülertransport, für Frauen mit Familie und rüstige Pensionisten.



Busunternehmen sind Basisinfrastruktur des ländlichen Raums


Nicht anders als Bäcker, Bauer, Gasthaus und Lebensmittelgeschäft, ist das örtliche Busunternehmen ein unverzichtbarer Bestandteil der Basisinfrastruktur im ländlichen Raum. Erst kürzlich hat Meinungsforscher Peter Filzmaier bekräftigt, dass wenn die Betriebe, die diese Basisinfrastruktur darstellen, nicht erhalten bleiben, künftig die öffentliche Hand ihre Aufgaben mit dem Geld der Steuerzahler übernehmen muss.



Die Entwicklung als (momentan noch) unsichtbarer Bumerang


Hat das örtliche Busunternehmen einmal seinen Betrieb eingestellt, erst dann zeigen sich die Folgen. Die regelmäßigen Fahrten, bei denen die Jugendmannschaft des örtlichen Fußballvereins kurz mal auf das Busunternehmen zurückgegriffen hat, werden durch die Anfahrtskosten des nächstgelegenen Busunternehmens plötzlich zur finanziellen Herausforderung. Mit dem Zusperren der Busunternehmen gehen aber auch Kompetenzen verloren. Wer hilft der Obfrau des Gesangvereins künftig beim Zusammenstellen des Programms für den jährlichen Wochenendausflug?




Was es jetzt braucht


  • ein waches Problembewusstsein und stärkeres Engagement der Gemeinden

  • eine Anerkennung der Busunternehmen als Teil der örtlichen Basisinfrastruktur in allen laufenden und künftigen Diskussion von Planungs- und Fördermaßnahmen

  • die zur Förderung des ländlichen Raums bereits zur Verfügung stehenden EU-Mittel müssen noch unbürokratischer den örtlichen Busunternehmen offen stehen, um den bereits angerichteten Schaden zu reparieren

  • ein Umdenken bei den Kunden der Busunternehmen. Aufgrund eines Preisunterschieds von "wenigen" Euro den Postbus oder gar Anbieter außerhalb der Region vorzuziehen, hat langfristig schwerwiegende Folgen für alle.


Gerhard Nagl, Beratungsagentur für Bustouristik


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